«Berufsbildung 2030»: Vision und Strategie für die künftige Berufsbildung

«Berufsbildung 2030»

«Berufsbildung 2030»: Vision und Strategie für die künftige Berufsbildung

24. Januar 2017 agvs-upsa.ch - Ziel des Prozesses «Berufsbildung 2030» ist, dass die Verbundpartner eine gemeinsame Vision und strategische Leitlinien für die Berufsbildung entwickeln. Sie werden die Grundlage für eine breit abgestützte Strategie 2030 für die Schweizer Berufsbildung sein. In diesem Prozess wird also keine Strategie erarbeitet, sondern die Grundlage dazu. Auf nationaler Ebene werden die Arbeiten an einer Strategie im Anschluss an diesen Prozess aufgenommen.

SBFI/OM. An der Verbundpartnertagung im März 2016 formte sich der Gedanke, dass die Schweizer Berufsbildung eine breit abgestützte Strategie 2030 braucht. Vorausgegangen war ein Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates, die den Bundesrat einlädt, zusammen mit den Kantonen und den Organisationen der Arbeitswelt (OdA) eine entsprechende Strategie zu entwerfen. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) beauftragte die Firma Ecoplan AG, den Prozess «Berufsbildung 2030 – Vision und strategische Leitlinien» zu begleiten. Die inhaltliche Erarbeitung der Vision und der strategischen Leitlinien für eine Berufsbildung 2030 geschieht durch die Verbundpartner.

Prozess
Der Prozess «Berufsbildung 2030 – Vision und strategische Leitlinien» gliedert sich in fünf Phasen:
Phase 1: Sammeln von Informationen und Positionen (September bis Oktober 2016)
Anhand von Gesprächen sowie einer Analyse der relevanten Literatur wird eine Auslegeordnung zu den Megatrends sowie zu Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren der Berufsbildung erarbeitet.
Phase 2: Analysieren (November 2016)
Im Rahmen eines Experten-Workshops werden die Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren der Berufsbildung analysiert.
Phase 3: Positionieren (Dezember 2016 bis Februar 2017)
In einem weiteren Experten-Workshop werden auf der Grundlage der vorgängigen Analyse Handlungsoptionen erarbeitet.
Phase 4: Gestalten (März 2017)
An der Verbundpartnertagung werden auf Basis der bisher erarbeiteten Grundlagen die Vision und die strategischen Leitlinien entworfen.
Phase 5: Dokumentieren (April 2017)
Die Ergebnisse des Prozesses werden aufgearbeitet und dokumentiert, damit sie zur Weiterbearbeitung durch die Verbundpartner verwendet werden können.

Übersicht Megatrends – Berufsbildung 2030
Megatrends sind langfristige Entwicklungen. Sie wandeln und prägen sowohl Bereiche der Gesellschaft als auch der Wirtschaft.

Globalisierung
•    Die Berufsbildung wird vermehrt auch in internationalen Firmen und in Firmen mit ausländischen Arbeits- und Führungskräften stattfinden, die mit dem Schweizer Bildungssystem nicht vertraut sind.
•    Die ausbildenden Betriebe stehen vermehrt unter internationalem Konkurrenzdruck.
•    Die ausbildenden Betriebe, auch KMU, sind vermehrt mit dem internationalen Umfeld verwoben. Die Zusammenarbeit mit ausländischen Standorten, Partnerfirmen, Kunden und Zulieferern wird zunehmen.
•    Es wird zunehmend einfacher, unqualifizierte Tätigkeiten ins kostengünstigere Ausland zu verlagern.
•    Die Schweizer Berufsbildungsabschlüsse werden vermehrt an internationalen Bildungsstandards gemessen.

Digitalisierung
•    Mit der Digitalisierung wird sich die Berufslandschaft verändern, neue Berufe werden entstehen, bestehende Berufe verschwinden.
•    Die Tätigkeiten auch innerhalb eines Berufs werden sich verändern bzw. an die neuen Technologien anpassen. Entsprechend werden sich die Bildungsinhalte verändern.
•    Die Digitalisierung eröffnet in der Bildung neue Möglichkeiten in der Wissensvermittlung, stellt aber ebenfalls neue Anforderungen an die pädagogischen Methoden.
•    Aufgrund der technologischen Entwicklung wird Wissen immer einfacher zugänglich. Wissen kann über verschiedene Kanäle «konsumiert» werden. Der Wissensvorsprung aufgrund von Erfahrung verliert an Bedeutung. Hinzu kommt, dass die Lernenden technologisch «up to date» sind. Die Anforderungen an die Ausbildner in der Schule, aber auch im Betrieb steigen dadurch.

 

Deindustrialisierung und Spezialisierung der Industrie
•    Die Berufsbildung steht einer vermehrten Arbeitsnachfrage im Dienstleistungsbereich gegenüber. In der Industrie gibt es zunehmend Arbeitsplätze in stark technologisierten und innovativen Unternehmen.
•    Die Dienstleistungsorientierung (Skills) wird auch im klassischen Gewerbe und in den Industrieberufen immer wichtiger.

Upskilling
•    Die steigenden Anforderungen der Wirtschaft an die Arbeitskräfte spiegeln sich auch in steigenden Anforderungen an die Lernenden wider.
•    Die Bedeutung der höheren Berufsbildung für die persönliche berufliche Entwicklung wird weiter zunehmen.
•    Bei steigenden Anforderungen wird einerseits die Konkurrenz zu den Gymnasien um schulstarke Jugendliche verstärkt, andererseits steigt die Zahl der Personen, die den Anforderungen nicht mehr gewachsen sind.
•    Die Attraktivität des Berufsfeldes, die massgebend durch berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten bestimmt wird, ist zunehmend wichtig für die Gewinnung von Fachkräften.

Demographischer Wandel
•    Für die Rekrutierung der benötigten Fachkräfte wird die Berufsbildung an Bedeutung gewinnen.
•    Die Berufsbildung wird zunehmend in den Fokus rücken, wenn es um die optimale Ausschöpfung des vorhandenen Fachkräftepotenzials, insbesondere auch von erwachsenen Personen geht.

Migration
•    Die potenziellen Lernenden werden vermehrt aus ausländischen Familien stammen, welchen das Schweizer Bildungssystem nicht bekannt ist und welche die gesellschaftliche Position der Berufsbildung nicht richtig einschätzen können.
•    Es wird eine zunehmend grosse Gruppe an potenziellen Lernenden von sogenannten «spät eingereisten Jugendlichen» geben, die eine geringe Schulbildung und wenig Sprachkenntnisse mit sich bringen.
•    Die Berufsbildung wird zunehmend in den Fokus rücken, wenn es darum geht, eine wachsende Anzahl von eingewanderten erwachsenen Personen ohne nachobligatorischen Abschluss in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Generationenkonflikt
•    Die Berufsbildung muss sich bezüglich Umgang und pädagogischen Methoden den Bedürfnissen neuer Generationen anpassen können.
•    Die Qualität einer Berufsbildung und die anschliessenden Entwicklungsmöglichkeiten auf dem Beruf werden bei der Lehrstellenwahl an Bedeutung gewinnen.
•    Die Berufsbildung wird zunehmend mit sich wandelnden Lebensformen konfrontiert sein, u.a. neue Familienmodelle und Geschlechterrollen oder neue Arbeit-Freizeit-Modelle.

Ressourcenknappheit beim Staat
•    Der Berufsbildung werden zunehmend knappe finanzielle Mitteln zur Verfügung stehen.

Steigende Mobilität und Flexibilität in den Arbeitsbeziehungen
Dies hat auch Auswirkungen auf die Berufsbildung:
•    Aufgrund der zunehmenden Bedeutung des lebenslangen Lernens erweitert sich die Zielgruppe der Berufsbildung auf weitere Alterskategorien.
•    Die Berufsbildung wird vermehrt in Firmen stattfinden, die sich ständig organisatorisch verändern und eine hohe Fluktuation aufweisen.
•    Projektbasierte Arbeit erschwert die klassische Lehrlingsaus­bildung. Neue Ausbildungsformen wie Verbundlösungen ­werden zunehmend wichtig.

Online-Plattform «Berufsbildung 2030»
Die Akteurinnen und Akteure der Berufsbildung – Lernende, Berufsbildnerinnen und- bildner, Lehrpersonen, üK-Leiterinnen und -Leiter, Geschäftsführende, HR-Verantwortliche, Direktorinnen und Direktoren von Berufsbildungsinstitutionen sowie Vertreterinnen und Vertreter der Verbundpartner – und weitere Interessierte sind eingeladen, sich aktiv auf dieser Plattform einzubringen: www.berufsbildung2030.ch
 
Nutzen des Projektes für den AGVS
Der Zentralvorstand des AGVS hat anlässlich der jährlichen Klausurtagung beschlossen, abgeleitet aus der im 2016 an der Delegiertenversammlung verabschiedeten Verbandsstrategie eine neue Berufsbildungsstrategie zu erarbeiten.
Die im vorliegenden Bericht beschriebene Erarbeitung der «Vision und strategischen Leitlinien Berufsbildung 2030» bildet eine wichtige Grundlage, um die AGVS-Bildungs­strategie 2030 zu erarbeiten.
Diesen Artikel und noch viele andere interessante Beiträge lesen Sie auch im AUTOINSIDE Nr. 2, das am 1. Februar erscheint.
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