Licht am Ende des Tunnels

Konjunkturausblick

Licht am Ende des Tunnels

6. Februar 2023 agvs-upsa.ch – Es ist eine der grossen Fragen, die am Schluss der Kette auch den Garagisten und seine Kunden beschäftigen: Wie schnell kann die aktuelle Mikrochip-Krise behoben und die Produktion und Auslieferung von Neuwagen wieder auf einem «normalen» Niveau gewährleistet werden? Experten sehen Licht am Ende des Tunnels. 

20210303_artikelbild_0.jpg
Foto: VW

kro. Im Konjunkturausblick von BAK Economics oft genannt wird die Halbleitertechnologie bzw. Mikrochips als Konjunkturhemmer. Halbleiter sind einer der Hauptbestandteile von Mikrochips. In Fahrzeugen kommen sie primär in Steuergeräten zum Einsatz, die den Antrieb und das Fahr- und Bremsverhalten regeln. Auch Fahrassistenzsysteme und Airbags basieren unter anderem auf der Mikrochiptechnologie. Grundsätzlich gilt: Je mehr Elektronik in einem Auto verbaut ist, desto mehr Mikrochips werden zur Herstellung nötig. In einem durchschnittlichen Elektroauto werden rund zehn Mal so viele Mikrochips verbaut wie in einem Verbrenner. Mit der Produktion von Elektroautos nimmt damit auch der Bedarf an verbauten Halbleitern weiter zu. 

Die explosionsartig steigende Nachfrage nach Unterhaltungselektronik während der Pandemie, kombiniert mit teilweise drastisch einbrechenden Bestellungen aus der Automobilindustrie, brachte den Weltmarkt für Halbleiter aus dem bisherigen Gleichgewicht. Weil sich die Nachfrage nach Neuwagen aber schneller erholt hat als angenommen und der Ausbau der Produktionskapazität für Halbleiter nicht Schritt hält, herrscht Knappheit. Die Wartezeiten auf Halbleiter haben sich allein im vergangenen Jahr 2022 von 13 auf 26 Wochen verdoppelt und stagnieren seither auf dem hohen Niveau. Das Resultat: Neufahrzeuge können nicht fertiggestellt und damit natürlich auch nicht ausgeliefert werden. 




«Wir sehen bereits das Licht am Ende des Tunnels, denn die Automobilbranche hat im letzten Jahr viel getan, um die Transparenz in den Halbleiterlieferketten signifikant zu erhöhen.»

Hagen Radowski ist Senior Partner Strategic Semiconductor Management bei Porsche Consulting in Deutschland. Zuvor war er sechs Jahre CEO von Porsche Consulting Inc. und MHP – A Porsche Company in den USA. Radowski spricht regelmässig auf internationalen Konferenzen zu Halbleiterthemen.


Herr Radowski, wo stehen wir aktuell in der ­Halbleiterkrise – sind wir schon über den Berg oder noch vor dem Gipfel?
Hagen Radowski:
Die Automobilbranche startet besser in das neue Jahr als im Januar 2022. Dennoch trennt sich die Halbleiterwelt in zwei Bereiche: Bei dem, was die Halbleiterindustrie «cutting» oder «bleeding edge» nennt, also Knoten-/Transistorgrössen kleiner 28 Nanometer, sind wir nicht mehr in Konkurrenz zur Telekommunikations- und Computerindustrie. Hier ist die Versorgung wieder ausreichend. Im zweiten Bereich, den Chips im Bereich «mature technologies», also grösser 28 nm, bleibt es jedoch eng. Der Bedarf der Automobilindustrie hier wird durch BEV, also batterieelektrische Fahrzeuge, weiter steigen, und die Halbleiterindustrie investiert nur sehr begrenzt. 

Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels?
Wir sehen bereits das Licht am Ende des Tunnels, denn die Automobilbranche hat im letzten Jahr viel getan, um die Transparenz in den Halbleiterlieferketten signifikant zu erhöhen – und zwar auch über die erste Stufe der Tier-1-Zulieferer hinaus. Zudem wurde begonnen, direkte Beziehungen mit der Halbleiterindustrie aufzubauen und Präsenz auf Branchenevents zu zeigen. Porsche Consulting hilft in diesem Rahmen Halbleiterunternehmen, ihre Produktion an Chips zu erhöhen, indem wir Fertigungsmethoden vom Automotive Manufacturing in die Chipindustrie transferieren.

Noch im vergangenen Jahr zeigte sich die ­Automobilbranche zuversichtlich, dass sich die Halbleiterkrise in der ersten Hälfte dieses Jahres entspannt. Was konkret läuft aktuell nicht wunschgemäss und aufgrund welcher Faktoren?
Die Nachfrage ist nur bedingt eingebrochen, und die neuen Technologien rund um BEV, AD und ADAS benötigen noch mehr Chips. Speziell im «cutting»- oder «bleeding edge»-Bereich bleibt es eng. Aber die Autoindustrie spricht jetzt zum ersten Mal auf Augenhöhe mit der Halbleiterbranche. Auto steigt zur drittwichtigsten Kundengruppe der weltweiten Chipindustrie auf, und das gibt sehr viel mehr Aufmerksamkeit seitens deren Topmanagements.

In einem Elektroauto sind durchschnittlich rund zehnmal so viele Mikrochips verbaut wie in einem Verbrenner. Was macht hier vor allem den Unterschied?
Das Batteriemanagement, die Antriebsversorgung und der elektrische Antriebsstrang, der sogenannte Powertrain.

Welche Auswirkungen auf die Auslieferung von neuen Modellen wird die andauernde Halbleiterkrise konkret haben?
Die Auswirkungen der Krise haben sich bereits manifestiert: Die Automobilbranche achtet sehr viel genauer darauf, welche Halbleiter in neuen Produkte entworfen werden, und sie fängt an, ASIC-Chips für markendifferenzierende Funktionen selbst zu entwerfen. 

Wo liegen die Herausforderungen beim Aufbau von zusätzlichen Kapazitäten für Halbleiterprodukte?
Vor allem in den langen Vorlaufzeiten, bis eine Halbleiterfabrik einsatzfähig ist, verbunden mit sehr hohen Investments. Konkret ist eine Wafer-Fabrik im Front-end nicht unter 4 bis 5 Milliarden Euro zu haben.

Die Automobilindustrie verwendet zu einem grossen Teil ­vergleichsweise veraltete Chiptechnologien – und muss die Produktionsanlagen auf neuere Chipgenerationen umstellen. Wie stark spielt dieser Faktor in der aktuellen Krise mit?
Gerade hier fehlen Investitionen in neue Fabriken. 
 
Feld für switchen des Galerietyps
Bildergalerie

Kommentar hinzufügen

12 + 5 =
Lösen Sie diese einfache mathematische Aufgabe und geben das Ergebnis ein. z.B. Geben Sie für 1+3 eine 4 ein.

Kommentare