Nicht jeder Raser handelt vorsätzlich

Nicht jeder Raser handelt vorsätzlich

23. Juni 2016 agvs-upsa.ch - Das Bundesgericht ändert seine Rechtsprechung: Bei Autofahrern, welche die Tempolimite weit überschreiten, muss nicht mehr zwingend von Rasern ausgegangen werden.

Für die Automobilisten bedeutet der Entscheid des obersten Gerichts, dass sie künftig zwingend vorsätzlich zu schnell gefahren sein müssen, um als Raser bestraft zu werden. Und die Richter erhalten bei der Beurteilung von Raser-Delikten neu etwas Ermessensspielraum.

Nicht zwingend vorsätzlich
Ein Lenker aus Genf argumentierte vor Bundesgericht, nicht vorsätzlich zu schnell gefahren zu sein. Er war mit über 100 km/h durch eine 50er-Zone gefahren. Dafür wurde er mit einem Jahr bedingt bestraft. Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Autofahrers zwar abgewiesen, ändert nun aber seine Rechtsprechung. Auch künftig sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Raser vorsätzlich handle, so das Gericht. Man könne aber nicht ausschliessen, dass es Fälle gebe, in denen der Autofahrer nicht vorsätzlich handle und deshalb kein Raser-Delikt vorliege. Das Bundesgericht hält damit fest, dass in aussergewöhnlichen Fällen auf eine harte Bestrafung verzichtet werden kann.

Konkreter Ausnahmefall
Die Frage, wie ein solcher Ausnahmefall konkret aussehen könnte, beantwortet der Strassenrechts-Experte Professor Hans Giger gegenüber SRF News. Er verweist auf den Fall eines Autofahrers, der in der Nacht aus einem ihm unbekannten Dorf hinausfährt, in dem ein 30er-Limmit gegolten hat. «Die Aufhebungstafeln sind oft erst weit nach dem Dorf angebracht und die Strasse gerade», erläutert Giger die Umstände gegenüber dem Newsportal. Wenn der Automobilist nach dem letzten Haus auf 80 beschleunigt, gilt er als Raser und könnte von jedem Richter für 4 Jahre hinter Gitter geschickt werden. Künftig kann ein Richter solche Umstände des Verschuldens wieder in die Strafermessung aufnehmen.

Via Sicura
Die Raser-Tatbestände wurden 2013 mit dem Programm «Via Sicura» eingeführt. Es hat zum Ziel, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Laut den neuen Regelungen werden Raser mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft, der Führerausweis wird ihnen mindestens für zwei Jahre entzogen.
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