Wie Überbleibsel von Kleinstlebewesen unsere Autos schmieren

Eine raffinierte Sache

Wie Überbleibsel von Kleinstlebewesen unsere Autos schmieren

16. Dezember 2022 agvs-upsa.ch – In 4000 Meter Tiefe und bei Temperaturen bis zu 150 Grad entsteht wertvoller Rohstoff. Vom Fördern des Öls bis zum Punkt, an dem die viskose Flüssigkeit im Fahrzeug seine vitale Rolle als Schmiermittel erfüllt, damit moderne Motoren rund laufen, braucht es aber eine ganze Reihe an Schritten.

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In Spindletop im US-Bundesstaat Texas wurde 1901 ein riesiges Ölvorkommen entdeckt. Ein Jahr später gab es bereits 440 Brunnen, und etwa 17,5 Millionen Fässer Öl wurden gefördert. Foto: Library of Congress/The Bernier Publ. Co., N.Y.​

Mfi. In der Regel ist es nicht so, dass ein Cowboy an einer sprudelnden Ölfontäne in der Wüste Nevadas steht und das flüssige Gold mit einer schmutzigen Blechtasse auffängt, um es dann direkt in seinen schwarzen, aber motorisierten Mustang zu kippen. 
Doch obwohl dieses Bild sehr plakativ und vereinfacht ist, hat es doch im Kern etwas Wahres. Nachdem Carl Benz 1886 den Erfolgszug des Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor eingeläutet hatte, erlebte der Markt für Öl zu Beginn des 20 Jahrhunderts speziell in den USA einen massiven Aufschwung. Zeitgleich wurde in Beaumont, Texas, im Jahr 1901 das Spindletop-Ölfeld entdeckt. Die erste Bohrung bescherte dort die gleiche Menge Öl, die bisher insgesamt anderswo gefördert worden war! Mit dem exponentiellen Anstieg der Fahrzeugproduktion in Nordamerika war der Boden für das lukrative neue Geschäftsfeld geebnet.
Erdölgewinnung ist und war schon immer ein aufwendiger Prozess. Bis das «schwarze Gold» als Schmier- oder Betriebsmittel im Motor landet, braucht es einige Schritte. Motorex Schweiz bringt für AUTOINSIDE Licht ins Dunkel dieses Prozesses. In einem ersten Schritt heisst es suchen, bis Öl gefunden wird – oder im Ölschürfer-Jargon auch Prospektion und Exploration: In der heutigen Zeit beginnt die Ölsuche nicht wie früher mit einem guten Riecher und einem Bohrer, sondern mit Aufnahmen aus der Luft. Mit diesen kann sich ein Geologe ein Bild der Gesteinsschichten machen und bestimmt dann Stellen für die Untersuchung. Dieser Schritt nennt sich Prospektion. 

In einem zweiten Schritt wird das engere Gebiet bestimmt, in welchem aktiv gesucht werden soll. Nach lokalen Erdoberflächen- und Bodenuntersuchungen werden Explorationsbohrungen durchgeführt, die bis zu 1500 Meter tief gehen können. Findet man Öl, beginnt das eigentliche Fracking. Dabei durchbohrt man das Gestein und bricht es hydraulisch auf. Mithilfe von Rollen- und Diamantmeisseln wird bis in ungefähr 10000 Meter Tiefe gebohrt. Danach wird das Bohrloch verrohrt, damit das Öl an die Erdoberfläche befördert werden kann. Im besten Fall reichen die Druckverhältnisse im Boden aus, damit das Öl ohne zusätzlichen Energieaufwand an die Oberfläche tritt. Andernfalls werden Tiefpumpen eingesetzt, die den benötigten Druck erzeugen, um das Öl zu gewinnen. Bei Motorex kommt der Grossteil des Öls aus Quellen in der Nordsee, vor der Küste Venezuelas und in Nordafrika. 

Nach der Ölgewinnung wird das flüssige Schwarz in der Raffinerie durch Destillation, Entschwefelung und Veredelung in fünf verschiedenen Basisölqualitäten angeboten. Diese werden von Motorex in der benötigten Qualität und Menge auf dem Weltmarkt eingekauft. Für die Verwendung als sogenanntes Grundöl in Schmierstoffen kommen neben dem Rohstoff Erdöl heute immer mehr alternative Produkte (Synthesefluids, pflanzliche Öle etc.) mit besonders vorteilhaften Eigenschaften zum Einsatz. Basisöle für Schmiermittel entstehen lediglich als Nebenprodukt bei der Raffination von Rohöl zu Treibstoffen und machen nur etwa ein bis zwei Prozent des gesamten Outputs aus. Alle Mineralölprodukte von Motorex werden weitgehend auf Strasse und Schiene feinverteilt. Bahnkesselwagen mit bis zu 50000 Liter Inhalt und Tankwagen befördern die Basisöle auf direktem Weg zu Motorex nach Langenthal BE. 

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Foto: Motorex

Hier werden die Rohstoffe veredelt, indem die Basisfluide in Mischbehältern zusammengeführt werden. Dieser Mischprozess kann bis zu 17 Stunden dauern. Im Anschluss resultiert aus diesem Mischprozess eine stabile, homogene Verbindung. Ein letzter kritischer Check durch das betriebsinterne Labor, und die fertigen Produkte können in Container, Fässer und Kleingebinde abgefüllt werden. Die fertig produzierten Schmierstoffe werden in Langenthal gelagert, wodurch schweizweit kurze Lieferzeiten gewährleistet werden können. Mit den 13 Lastwagen von Motorex wird das Öl direkt zu den Garagisten geliefert. Europaweit werden durch zwei weitere Produktionsstandorte in Polen und Frankreich sowie drei weitere Verteilzentren kurze Lieferzeiten sichergestellt. 

Ist es im Garagenbetrieb angekommen, steht das fertige Ölprodukt im Kanister im Regal oder befindet sich im grossen Ölfass, bis es endlich soweit ist: Die Millionen Jahre alten Überbleibsel von Kleinstlebewesen, die auf dem Meeresboden zu Faulschlamm verrotten und sich unter Druck und Wärme über Jahrtausende in Erdöl verwandeln, leisten Dienst an der Menschheit oder zumindest der Mobilität – in Motoren und Getriebe der Fahrzeuge. Der Garagist zieht die Schutzkappe der Ölflasche ab und giesst nach Herstellervorgaben die benötigte Menge Öl ins Auto. Motor an – läuft wie geschmiert.
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